Samstag, 3. Juli 2010

Ulan-Ude

In Ulan-Ude fühlten wir uns in eine andere Welt versetzt. Die autonome buryatische Republik gehört zwar zu Russland und das "autonom" trifft vor allem auf dem Papier zu, trotzdem scheint es nicht russischer zu sein als die Mongolei. Ein kleiner kulinarischer Abstecher dorthin liess uns ahnen, was wir mit unserer Entscheidung, den klassischen transsibirischen Weg eizuschlagen, alles verpassen werden.

Nach der Omul-Diät auf Olkhon schmeckte das Lamm und die Buzy umso besser.



Die sympathische Stadt selber bietet nicht allzu viele Sehenswürdigkeiten, wartet dafür mit einem Weltrekord nach unserem Geschmack auf: Hier steht der Weltgrösste Lenin-Kopf!



Die 7.7 Meter Lenin auf dem 15 Meter hohen Sockel liessen unsere Herzen höher schlagen. Den goldenen fanden dann sogar wir geschmacklos...


Um nicht völlig planlos zu sein, fassten wir uns ein Herz und stürzten uns in das Getümmel bei den Ticketschaltern. Obwohl wir uns an zwei Kassen gleichzeitig anstellten und an der "Wer-vor-wem"-Diskussion rege teilnahmen, wurden wir kurz vor dem Ziel hinterhältig ausgetrickst. Als wir endlich doch noch an die Reihe kamen und das Geld über den Tresen reichten, überkam uns das mulmige Gefühl unsere Freiheit verkauft zu haben; nun waren die nächsten vier Wochen organisiert.

Abends im Hostel führte uns Viktor die Winzigkeit der Welt vor Augen: Das Stichwort Zürich liess ihn von einer Mitstudentin in Moskau erzählen, die wir schnell als Soras Gitarristin entlarvten... So entwickelte sich bald ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und er lud uns spontan ein, den nächsten Tag mit ihm und zwei Freunden zu verbringen.

Mittags versammelten wir uns unter dem grossen Kopf und lernten Soichiro und Timur kennen, die gemeinsam in Moskau studiert hatten. Soichiro befand sich auf dem hinausgezögerten Heimweg nach Sapporo. Timur, der aus der Nähe von Ulan-Ude stammt, übernahm sofort die Organisation des Tages. Uns wurde schnell klar, dass wir, falls wir uns jemals für die geniale Stadttour in Zürich revanchieren müssen, einige Reise- & Geschichtsbücher durchwälzen werden müssen...

Für den Einführungskurs in Buddhismus fuhren wir ein paar Kilometer aus der Stadt zum Ivolginsk Datsan.







Zufälligerweise war genau an diesem Tag ein Sportfest und wir wurden Zeuge von zwei der drei typisch buryatischen Wettkämpfe:





Die Pferde hielten sie sicher vor uns verschlossen...

Abends wurden wir überraschend von Timur auf die Dacha eingeladen, da wir für die nächsten Tage keinen Plan vorweisen konnten. Zurück im Hostel versuchten wir dies auf russisch zu erklären... Die Hostel-Mama war zwar etwas skeptisch, doch nach etwas Überzeugung unsererseits liess sie uns gehen, da wir keine Anstalten machten, das Geld zurückzuverlangen. So kehrten wir wenige Tage nachdem wir den Baikalsee verlassen hatten zu ihm zurück.

Wir genossen die Zeit auf einer echten russischen Dacha:




Wir spielten stundenlang Karten, spazierten durch Posolsk zum Baikalsee,



kochten gemeinsam




und liessen uns von den beiden Experten mit Omul bekochen.







Dank einer verpassten Marschrutka hielt das Vergnügen sogar noch einen Tag länger als erwartet. Dass wir dies der Hostel-Mama nun per Telefon erklären mussten, war uns fast peinlicher, als wenn wir unsere echte hätten anrufen müssen...

Da wir am nächsten Morgen - paranoid geworden - eine Stunde bevor die Marschrutka fuhr an der Haltestelle standen, erreichten wir Ulan-Ude doch noch wohlbehalten, was die Hostel-Mama gleich beschwichtigte. Den heissen Tag verbrachten wir in einem Openair-Museum und assen Buzy in einer Jurte.



Da Soichiro ein Ticket für einen früheren Zug hatte, mussten wir uns unter den wachsamen Augen Lenins von den beiden verabschieden.

Wegen einem lügenden Marschrutkafahrer wurden wir zu Sport gezwungen und hatten nicht einmal mehr Zeit uns etwas zu essen zu kaufen... Nach dem Spurt bei 35 Grad zum Bahnhof, bereuten wir das erste Mal keine Tickets im klimatisierten Kupeiny zu haben...

Gerade hatten wir uns über den frischen Fahrtwind gefreut, als der Zug mitten durch den brennenden Wald fuhr.



Beim nächsten Bahnhof konnten wir mit einem erneuten Sprint wenigstens unseren Nahrungsvorrat aufstocken.

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