Donnerstag, 17. Juni 2010

Baikalsee

Auf dem Weg nach Irkutsk genossen wir bei einem weissrussischen Bier neben einer Livesoap den Sonnenaufgang über der nebligen Taiga.




Zum Glück hatten wir danach noch den ganzen Tag im Zug um zu schlafen und Suppe zu schlürfen. In Irkutsk genossen wir vor allem die lang vermisste Hostel-Atmosphäre.

Abenteuerferien mit Prudin Lektion 2: Die Stadt:
Such dir ein Kloster, das hinter einem vierspurigen Kreisel steht. Versuch irgendwie das Kloster zu besichtigen, ohne in eine Marschrutka zu steigen. Als erhöhten Schwierigkeitsgrad empfehlen wir das Ganze in Anwesenheit der Miliz zu absolvieren. Wer seine Dokumente zeigen muss ist Game Over...


Nach 7 Stunden Fahrt erreichten wir endlich den lang ersehnten Baikalsee.

Unsere Versuche zwei neue Belgier zu adoptieren scheiterten kläglich... Umso glücklicher waren wir, als Thomas sich unser annahm. Dank seiner Offenherzigkeit haben wir die verschiedensten Leute kennengelernt, unter anderem auch die Volunteers die bei Nikita's arbeiten und eine Klasse Kunststudenten, die jeden Abend versuchten die tollen Stimmungen festzuhalten.






Für einmal liessen wir uns auf eine organisierte Tour ein um bis ganz in den Norden der Insel zu kommen und wurden prompt mit den beiden unadoptierbaren Belgiern in einen Sovjet-bus gesteckt, der dann auch noch liegen blieb...



1 1/2 Stunden später sprang unser Bus noch immer nicht an und wir erhielten einen neuen mit einem noch durchgeknallteren Fahrer, der die Bremse gänzlich ignorierte. Mit etwas Glück erreichten wir die Nordspitze doch noch lebendig.







Auf dem Weiterweg übersah der Fahrer weiterhin konsequent die allgegenwärtigen Schlaglöcher, erzählte dafür aber ein Paar Legenden der Insel. (Die Gruppe merkte schnell, dass man einen Prudin auch als Übersetzer missbrauchen kann..)




So en Michi!!!


Gut geschüttelt, zum Glück nicht gerührt, erreichten wir Nikita's, wo uns gleich Thomas aufgabelte fürs abendliche Lagerfeuer.




Das Thoma'sche Abenteuer des nächsten Abends liessen wir aus. Ein Prudin kennt auch seine Grenzen. Weil dieser zurück nach Petersburg trampte, verabschiedeten wir uns am Morgen darauf und halfen seiner vom selbstgebrannten Vodka weggebrannten Erinnerung auf die Sprünge...


Da wir gehört hatten, dass sich die Insel für Soft-Hiking eignet, liefen wir ein paar Stunden durch den Sand.



Lektion 3: Lass dich von einem Hund adoptieren und versuche ihn möglichst unauffällig wieder an andere Leute loszuwerden...




Bei der musikalischen Untermalung des Abendessens konnten wir am dritten Abend schon mitsingen...




Lektion 4: Der wahre Prudin:
Für ein richtiges Prudinabenteuer brauchst du den richtigen Gefährten. So testest du ihn auf seine Prudinqualität:
Entzieh ihm jede Möglichkeit auf Intimsphäre: Du solltest darauf achten eine Woche lang nicht mehr als 2 Meter von ihm entfernt zu sein. Prüfe ebenfalls, dass die Toilette keine Türe hat und es kein fliessend Wasser gibt,



so ist dein Mitprudin nicht in der Lage alleine zu "duschen".




Lektion 5: Das Pferd:
Lass dir von einem Burjaten ein Pferd geben und versuche mitten im Galopp deine Füsse von den Steigbügeln zu befreien, während dein Pferd einer wilden Pferdeherde nachjagt...

Einen Tag sollst du ruhen. Am zweiten Tag, Lektion 6:
Schwing deinen geschundenen Hintern auf ein Mountainbike und fahre irgendwie in den Wald.




Wenn du im Sand (oder Sägemehl...) versinkst, darfst du schieben.





Nimm ein Brot mit. Ein altes. Prüfe erst, ob es schimmelt, nachdem du 2 Bissen davon gegessen hast. Bewältige den Rest der Tour ohne Nahrung. Lass dich auf dem Nachhauseweg gut durchschütteln. Nach einer Packung Chips spring in den 10 bis 12 Grad kalten Baikalsee.




Wenn du deine Füsse nicht mehr spürst, darfst du direkt in die Banya. Wenn dein Kreislauf das überlebt, bist du ein wahrhafter Prudin. Zur Belohnung darfst du dir nun eine (grosse) Flasche Vodka kaufen. Erfinde ein Franzosenkompatibles Trinkspiel. Pass auf dem Weg zurück zu Nikita's auf, dass du nicht von einer Kuh zum Hund konvertiert wirst...


No Comment:



























Nach einer Woche mussten wir uns schweren Herzens wieder vom Baikalsee verabschieden... Dafür wartete Irkutsk mit einigen Überraschungen auf: Neben dem, dass wir Schweizer die Mehrheit im Hostel stellten, war unter den Gästen auch noch die Gitarristin aus Sora's Band... Die prompt im gleichen Zimmer untergebracht war...
Die grösste Überraschung jedoch kam aus Südafrika!

Mittwoch, 16. Juni 2010

Krasnoyarsk

Zwei Stunden vor unserer Ankunft in Krasnoyarsk wurden wir aus unserer Pritsche geschmissen. Offenbar wollte diese Provodnitsa auch schon zwei Stunden früher aussteigen... Mit kleinen Augen aber guten Mutes machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Die gute Laune verschwand schnell, als wir beim einzigen preiswerten Hotel (laut Reiseführer) das gefürchtete Schild "не работает" entdeckten.

Lechzend nach Koffein stürmten wir ins Café, eine Minute nachdem es geöffnet wurde... Nach viel Kaffee, einiger Googelei und einem hilfsbereiten Homestay-Besitzer, fanden wir doch noch eine Bleibe. Da endlich wieder ein richtiges Bett vor uns stand, entschlossen wir uns, etwas Schlaf nachzuholen und quälten uns nur für ein Sovjet-Essen ins Kalinka Malinka. Dort assen wir uns durch die Teilrepubliken der UdSSR.

Da das Wetter nicht besonders freundlich war, verbrachten wir die erste Hälfte des nächsten Tages im Café



und die zweite im Museum. Dazwischen schafften wir es doch noch die ein oder andere Sehenswürdigkeit abzuhaken. Das Museum überraschte uns damit, dass es gut englisch sprach und viele Informationen lieferte. Insbesondere die Ausstelung über indigene Völker Russlands gefiel uns gut.

Am nächsten Tag wagten wir uns dank schönem Wetter wieder in die pure Natur, in der wir uns auch prompt verliefen. Unser lautes Gespräch hielt zwar die Bären fern, die Zecken liessen sich jedoch nicht beeindrucken und wir mussten noch Stunden später im Hotel welche totschlagen.




Der Nationalpark ist berühmt für seine sogenannten "Stolby": riesige Steingebilde aus abgekühlter Lava.






Abenteuerferien mit Prudin, Lektion 1:
Du siehst einen Pfad, der sich zwischendurch in Luft oder Bach auflöst - versuche ihm zu folgen






Als Mantra wird die Passage aus dem Kamchatka-Reiseführer empfohlen:

"Es ist wichtig ein lautes Gespräch zu führen und ab und zu in die Hände zu klatschen. Niemals sollte man den Bären mit etwas bewerfen. Wenn der Bär sich nähert, sollte man ruhig auf ihn einreden und sich als Mensch zu erkennen geben... Wenn der Bär davon unbeeindruckt bleibt und näher kommt sollte man ihn anschreien, aufrecht stehen bleiben und mit den Armen winken. Wenn ein Bär mit dem Kopf nach unten und mit offenem Maul auf einen zurennt, dann ist das eine defensive Reaktion auf eine empfundene Bedrohung (aha...). Wenn ein Bär wirklich körperlich angreift, sollte man sich mit dem Bauch auf den Boden legen und Hals und Gesicht schützen. Falls der Bär einen mit seinen Pfoten umzudrehen versucht, sollte man diese Position wieder einnehmen."

Benutze dein Iphone als Kompass - mit etwas Glück läufst du im Kreis und findest so zurück in die Zivilisation.
Lass dich nicht aus dem Konzept bringen, falls dich ein offensichtlicher Nicht-Bär angreift. Das kann selbst den erfahrensten Prudins passieren, verläuft aber meistens nicht tödlich. *




*Terms & conditions: Prudin übernimmt keine Haftung. Für gar nichts.

Montag, 7. Juni 2010

Jump around

Eine knappe Woche hüpften wir durch West-Sibirien:

Yekaterinburg (ab Nachts) 30.05 - Tobolsk (an Morgens)
Tobolsk (ab Nachts) 31.05 - Omsk (an Nachmittags)
Omsk (ab Morgens) 2.6- Novosibirsk (an Frühabends)
Novosibirsk (ab Nachts) 2.6. - Tomsk (an Morgens)
Tomsk (ab Nachts) 3.6. - Krasnoyarsk (an Morgens)

Tobol(älälälälä)sk:

Frühmorgens hiess uns ein kühler Wind in Sibirien willkommen.


Tobolsk poliert sein Image auf: Mit grossem Budget wird es touristenfreundlicher gemacht und beinahe jede Kirche ist von einem Baugerüst umgeben.




An einigen wird auch tatsächlich gearbeitet und die "Remont" des nun blendend weissen Kremls ist schon fortgeschritten.
Wir haben bis jetzt ja schon einige Kirchen gesehen, die am schönsten bemalte aber steht in Tobolsk. Und obwohl wir für einmal bereit gewesen wären ziemlich viel für ein Foto zu bezahlen, wurde es uns leider nicht erlaubt. Aus Mangel an Café's setzten wir uns mit einem Bounty vor den Kreml und genossen den Blick in die Weite. Im Reiseführer waren ganze zwei Restaurants angegeben, von denen eines nicht in Frage kam, weil Medvedev dort seinen Wahlsieg gefeiert hatte. So blieb uns nichts anderes übrig als die paar Kilometer zum sibirischen Fast-Food in Kauf zu nehmen. Das Essen dort überzeugte nicht gerade mit seiner Qualität, doch auf dem Weg stolperten wir dafür über die obligatorische ewige Flamme.
Nach dem Abstieg begaben wir uns erst zum Irtysh und danach ins Herz der Altstadt. Dort fühlten wir uns wie in ein sibirisches Dorf versetzt...





Zur Belohnung gönnten wir uns am oberen Ende der Treppe ein Leningrad-Eis.



Dabei kam uns die gute Idee, nachzuschauen, ob in den angegebenen Hotels vieleicht auch Restaurants zu finden sind. Schon im ersten überzeugte uns der Espresso und wir entschieden uns sie abends mit unserer Anwesenheit zu beehren. Vorher setzten wir uns aber wieder auf "unsere" Bank und genossen die Abendsonne.
Zum Glück waren die Versuche des Personals uns aus dem leeren Restaurants zu ekeln irgendwann erfolgreich und wir kamen gerade rechtzeitug zum Sonnenuntergang.



Danach vertrieben wir uns am Bahnhof die Zeit, bis wir endlich um 4 Uhr früh in den Zug einsteigen konnten.


Omsk:

In Omsk konnten wir unserem Hobby fröhnen. Aber so richtig. Lenin's all around...



Viele Sehenswürdigkeiten gibt es nicht, dafür ein paar kuriose: Zum Beispiel ein Musicaltheater, das mehr wie eine Skischanze aussieht.

Das sommerliche Wetter nutzten wir dafür gleich aus und machten es den Russen nach:
Nach einem Spaziergang setzten wir uns mit einer Flasche Bier ans Om-Ufer.



Das Bier muss uns wohl zu Kopf gestiegen sein, jedenfals überquerten wir eine Strasse ohne Fussgängerstreifen - eigentlich nichts ungewöhnliches - aber die Miliz nutzte die Gelegenheit um uns einen gehörigen Schrecken einzujagen...
Die Frage nach den Dokumenten konnten wir gerade noch verstehen, danach stellten wir unsere Russischkenntnisse ein. Als er merkte, dass wir nicht verstehen konnten (wollten!), was wir falsch gemacht hatten und sein Kollege leider auch kein Schweizerisch sprach, machten sie sich wieder auf die Suche nach unkomplizierteren Fischen.

Nächster Halt: Novosibirsk




Die grösste Stadt auf der Linie der Transsib hatten wir uns spannender vorgestellt, nach ein, zwei Kirchen, einer unserer Meinung nach gelungenen Leninstatue



- und wir wagen zu behaupten auf diesem Gebiet langsam Expertenstatus erreicht zu haben - und etwas Löffel-Gabel-Fast-Food setzten wir uns ins Kino um die Zeit totzuschlagen. Trotz einer "Kotastrof" in läppischem 2D kamen noch einige Stunden davon. Youtube und Backgammon waren schliesslich die erfolgreicheren Totschläger.

Tomsk:

Nach wenig Schlaf kamen wir in Tomsk zum ersten Mal in den Genuss eines "typisch" russischen Erlebnisses - Vorurteile lassen grüssen. Die Frau am Ticketschalter bestätigte uns zwar, dass unser Zug ausgebucht war, weigerte sich danach aber uns weiterhelfende Informationen preiszugeben und rührte keinen Finger um im Computer nach einer Alternative zu suchen. Ziemlich aufgebracht versuchten wir erneut unser Glück und unsere Hartnäckigkeit zahlte sich aus: An der nächsten Kasse erhielten wir wieder den gewohnt freundlichen und hilfsbereiten Service. Die gute Stimmung in der lebendigen kleinen Studentenstadt färbte schnell auf uns ab. Die sibirische Holzschnitzkunst wurde hier zur Perfektion getrieben und auf einem Spaziergang den Strassen entlang entdeckten wir immer wieder begeistert neue Formen und Farben.





Nach Plan B mussten wir nun mit der Elektrichka auf die Transsibirische zurückkehren. Unser Glück mit der falschen Kasse hielt sogar am Nachmittag noch an und so liess die Frau, die wohl nun (technologisch? technische?) Pause hatte den Rolleau herunter als wir das Geld nicht schnel genug hervorgenommen hatten...

Yekaterinburg

Richtiges Transsib-Feeling: Platzkartnij von Nishnij nach Yekaterinburg, wo wir 20 Stunden Zeit hatten zu schlafen, in die weite Landschaft zu starren, mit anderen Reisenden zu reden und zu träumen.


Obwohl der Komfort im Platzkartnij-Wagen unsere Erwartungen bei weitem übertraf, war die Fahrt ziemlich genau so, wie man sich die Transsibirische vorstellt. Falls ihr das Feeling ausprobieren wollt und viel Zeit habt, hier könnt ihr mal schnuppern:

http://www.google.ru/intl/ru/landing/transsib/en.html

Wie so oft war die Fahrt viel zu schnell vorbei und wir mussten uns der allgemeinen Aufbruchstimmung anschliessen (Bettwäsche abgeben, unsere Matratze zusamenrollen und uns schon zehn Minuten vor Ankunft Richtung Ausgang bewegen... Letzteres ist im Anbetracht der hereinströmenden Massen gar keine so schlechte Idee...)

Am nächsten Morgen erkundigten wir das Zentrum der, dank der transsibirischen Eisenbahn, boomenden Stadt. Angefangen beim Teich (russische Dimensionen!)




weiter durch das Schriftstellerviertel zur Romanov-Gedächtniskirche, mit der vielleicht teuersten, aber nicht umbedingt der schönsten Ikonostase, die zum Gedenken der an dieser Stelle ermordeten letzten Zarenfamilie gebaut wurde. Die tragische Geschichte interessierte uns zwar sehr, auch, dass erst vor kurzem neue Details bekannt wurden, der Kitsch und Kult um die Heiliggesprochenen rief aber eher Ablehnung in uns hervor. So wendeten wir uns anderen tragischen Geschichten zu, wie der des armen Fernsehturms... Dessen Bau wurde nach dem Zusammenbruch der UdSSR aufgegeben.





Da Yekaterinburg nicht allzu viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, stellten sie noch etwas unkonventionellere ans Flussufer:




...wir zogen es trotzdem vor den Blog bei einem gemischten Salat (Tomaten und Gurken) im Hostel zu schreiben. Abends setzten wir uns in den Zug nach Tobolsk und erfreuten uns unserer neusten Errungenschaft.


Dank Yeki konnten wir endlich auch am fröhlichen Pilgern zum Samowar teilnehmen.